Vom Prototyp zum Ikone: Das Burton Custom wird 30
Vom Prototyp zum Ikone: Das Burton Custom wird 30
Manchmal entstehen die größten Erfolge aus den unerwartetsten Momenten. Genau das gilt für das Burton Custom. Was Anfang der 1990er Jahre als Last Minute Prototyp in ein Burton Sales Meeting geschmuggelt wurde, entwickelte sich zur Snowboard Ikone die wir heute kennen und feiert nun 30 Jahre Kultstatus. Doch das Burton Custom ist weit mehr als nur ein Snowboard. Es ist ein Symbol für unser Engagement in Fortschritt von Materialien, Konstruktionstechniken, Design und dem Sport selbst. Das Custom war ein Katalysator für Veränderung, der auf eine Weise angenommen wurde, die wir uns nie hätten vorstellen können.
Es ist höchste Zeit das meistverkaufte Snowboard aller Zeiten und das Herzstück unseres Quivers zu feiern. Begleite uns auf eine Reise durch drei Jahrzehnte. Erfahre, wie aus dem Custom die Legende wurde, die bis heute besteht.

Geburt einer Legende: Entwicklung und Launch des Custom 1994–1996

Offiziell vorgestellt wurde das Burton Custom im Januar ‘95 bei einem Burton Sales Meeting und erstmals im darauffolgenden Winter (Saison ‘95/’96) gelauncht. Es war die Antwort auf die explosionsartige Nachfrage nach Freestyle Twins und wurde durch Burtons unermüdlichen Innovationsgeist in Materialien und Konstruktion für Snowboards möglich.
Unser ehemaliger Burton Ingenieur und Produktmanager Paul Fidrych war eine der Schlüsselfiguren. Er war die Schnittstelle zwischen den Teams der Snowboard Designer, Materialentwicklung sowie der Forschung bis zur Konstruktion und hatte so den Insider Einblick in alle Notwendigkeiten. Paul erinnert sich: "Unser Ziel war es, ein vielseitiges Snowboard zu entwickeln, das leicht genug für Spins ist, ausreichend Auftrieb im Powder bietet und dennoch unter allen Bedingungen carven und die Kante halten kann." Das Problem war jedoch nicht die Vision, eher die Umsetzung war eine Herausforderung.
Kurz gesagt fehlte es den Freestyle Modellen von Burton Mitte der ‘90er an einem Premium Board mit klarem Fokus auf Performance. Die größte Einschränkung lag dabei in den Materialien, nicht aber im Innovationsgeist. Die Entwicklung des Custom erforderte sozusagen eine Revolution. Am Ende gelang es unserer eng verbundenen Familie der Snowboard Entwickler bei Burton, dies durch drei entscheidende Innovationen zu erreichen: Glasfaser, Holzkern und Snowboard Konstruktion.
Triax Glasfaser war bereits ein zentraler Bestandteil der Alpin Boards von Burton aber, um den Kantenhalt und die Torsionssteifigkeit auch für den Freestyle einsetzbar zu machen, mussten Dave Dodge und das Burton R&D Team ein neues „Lite Triax” Layup entwickeln. Diese leichtere Glasfaser bot starken Kantengriff, blieb aber insgesamt fehlerverzeihend genug für Freestyle Tricks. Beim Kern verzichtete Burton auf schwere mit Klebstoff getränkte Schweizer Furniere und leistete Pionierarbeit bei der Verwendung von lokal gewonnenem Aspen Laminat (dem A-Core), gefolgt vom Aspen/Balsa SuperFly™ Kern, der das Endgewicht um mehr als ein halbes Kilo reduzierte. Bei der Konstruktion lösten neue Sidewalls aus ABS und TPU Probleme mit der Delaminierung, während die Nasslaminat Produktion optimiert wurde, um überschüssiges Epoxidharz zu reduzieren und das Fahrgefühl weiter zu verbessern.
Genauso entscheidend war der Test Ride der Prototypen. Im August 1994 reisten John „JG“ Gerndt und Teamfahrer Dave Downing mit 14 Prototypen im Gepäck nach Wanaka, Neuseeland. Downing testete zwei Wochen lang jedes Board im Powder, auf präparierten Pisten, Cat Tracks und jedem Side Hit, während JG, der wegen eines Beinbruchs pausieren musste, jedes Detail protokollierte. „Der Wechsel von der Air-Serie zum Custom war wie der Wechsel von einem normalen Board zu einem Pro-Modell. Viel leichter, ein viel höheres Niveau“, erinnert sich Downing.
Rider wie Dave Downing und Joe Curtes stellten sich schnell hinter die Prototypen und drängten auf ein solch hochwertigeres Board, mit dem sie sich identifizieren können. Und obwohl das Custom ursprünglich als Weiterentwicklung der in die Jahre gekommenen Air-Linie begann, gewann es im Laufe des Prozess seine eigene Identität. Auf einem frühen Topsheet stand noch "Custom Air", das jedoch schnell zu "Custom" verkürzt wurde. Der Name blieb, das Design funktionierte und die Legende war geboren.
Leichter, schneller, starker - vor allem ikonisch: Das Custom der späten ‘90er.

Die Vorbereitungen für das Debüt des Custom im Winter '95/'96 waren von einem beschleunigten Entwicklungszyklus geprägt, was dem Board aber nicht schadete, sondern seinen Erfolg sogar befeuerte. Das Custom war sofort ein Bestseller. Paul erinnert sich: „Als der Custom in den Handel kam, schossen die Verkaufszahlen in die Höhe.“ Das Board wurde begeistert aufgenommen und füllte eine Lücke, auf die Rider und Händler lange gewartet hatten.
Aufbauend auf ihrer Dynamik setzten die Ingenieure von Burton ihre Innovationen im Bereich der Kerne fort. 1998 entwickelte sich der ursprüngliche AB8 SuperFly Kern zum SuperFly II, der sowohl in den Pro Decks von Burton als auch im Custom eingeführt wurde. Dabei ersetzte man teilweise Aspen Laminate durch leichteres Balsaholz, was das Gewicht reduzierte, ohne an Stabilität einzubüßen.
Zu diesem Zeitpunkt war das Custom längst nicht mehr nur das Board von Dave Downing und Joe Curtes. Rider wie Aleksi Vanninen, Jason Brown, Ryan Williams, Brad Scheuffele, Bryan Iguchi und Victoria Jealouse setzten ebenfalls darauf. Dies ist ein weiterer Beweis dafür, dass sich Burtons Verfeinerungen im Praxistest bewährt haben.
Mit Entwicklungen wie diesen festigte das Custom schnell seinen Platz als vielseitigste und leistungsorientierteste Option in Burtons Lineup: leicht, langlebig und leistungsstark.
Tech Trickle-Down: Das Custom in den 2000er




Während das erste Jahrzehnt des Custom im Zeichen der Pionierarbeit stand, markierten die 2000er Jahre einen Wendepunkt. Nun fest als Burtons Flaggschiff etabliert, wurde das Custom zum ultimativen Profiteur von Burtons hochwertigsten Innovationen. Technologien, die zunächst auf experimentellen oder extrem hochpreisigen Modellen wie dem Vapor, den Pro Decks oder dem FL Project eingeführt wurden, fanden bald ihren Weg ins Custom und machten es zu einer Bühne für Burtons beste Ideen, verfeinert für den Alltag der Rider.
Dieses Muster begann im Jahr 2000 mit Engineered Grain Direction, kurz EGD. Eingeführt mit dem FL Core, drehte EGD die Holzmaserung unter den Füßen um 90 Grad, um Kantengriff, Haltbarkeit und Reaktionsfähigkeit zu verbessern. Anfang der 2000er Jahre wurde es auch im Custom integriert und gab den Ridern ein präziseres, kontrollierteres Fahrgefühl.
Kurz darauf folgte die Carbon I Beam Technologie demselben Weg, zunächst eingeführt bei den FL Project Boards und wurde dann in das Custom integriert. Sie verlieh dem Board längsgerichteten Pop und zusätzliche Steifigkeit, während der Torsions Flex erhalten blieb, um geschmeidigere Turns zu ermöglichen.
Im Jahr 2004 legte Burton mit der Einführung des Custom X, einem steiferen, aggressiveren Modell für Rider, die maximale Reaktionsfähigkeit verlangten, noch einmal nach. Das Custom X wurde zum Spielfeld für neue Materialien und Technologien, von denen viele später auch in das Standard Custom einflossen. Im Jahr 2006 feierte das Customsein zehnjähriges Jubiläum mit einem Collage Design aus Throwback Grafiken von Rider Ikonen wie Downing und Curtes. Gleichzeitig absorbierte es weiterhin die besten technischen Innovationen und Entwicklungen von Burton.
2007 gab es zwei weitere Meilensteine. Die Vaporskin-Konstruktion, die erstmals beim Vapor Snowboard zum Einsatz kam, reduzierte das Gewicht des Custom X um bis zu einem halben Pfund. Außerdem wurde das Custom mit der gesinterten WFO Base von Burton ausgestattet, was die Geschwindigkeit und Haltbarkeit verbesserte. Ein Jahr später kamen das Custom und das Custom X auch in einer Wide Version auf den Markt und erweiterten damit die Familie, sodass sie Ridern aller Formen und Größen gerecht wurde.
Ende der 2000er Jahre war das Custom nicht mehr nur ein einzelnes Board, sondern eine ganze Fülle von Optionen. Mit dem Custom, dem Custom X und den neuen Wide Modellen bot es für fast jeden Rider und jeden Style etwas, während es weiterhin von Burtons Innovationen im High End Materialbereich profitierte. Auch grafisch und kulturell gewann das Custom an Energie. Rider wie Heikki Sorsa, Mads Jonsson und Mason Aguirre erschlossen mit dem Board neues Terrain. In dieser Ära stellte Jonsson sogar den bis heute ungebrochenen Weltrekord für den größten Backside Air aller Zeiten auf – 187 Fuß, also rund 57 Meter – und das auf einem Custom. Ein Meilenstein, der das Custom endgültig in die Hall of Fame des Snowboardens verewigte.
Profile und Performance Feinschliff: die 2010er
Die 2010er Jahre waren für das Custom durch und durch von Fortschritt und Innovation geprägt. Sie ermöglichten es den Ridern, ihren Style individuell abzustimmen, während die Kernmerkmale des Custom erhalten blieben, die es seit 1996 auszeichnen.
2010 führte Burton die Squeezebox Technologie ein, ein strategisches Core Profiling mit Zonen unterschiedlicher Dicke, das den Flex unter den Füßen reaktionsfreudiger und zwischen den Bindungen stabiler machte. Auch das Custom profitierte davon. Im selben Jahr erschien der Custom V-Rocker, und 2011 folgte der Custom Flying V, der einen Rocker zwischen und außerhalb der Füße mit einem Camber unter den Füßen kombinierte, für präzisen Kantenhalt, zusätzlichen Pop und kraftvolle Turns ermöglichte. Diese neuen Profile standen neben dem klassischen Camber Custom und gaben den Ridern zusätzliche Optionen innerhalb derselben Familie: ein ganzes Quiver an Customs zur Auswahl.
In diesem Jahrzehnt nahm der Name Custom neue Formen an. Die zwischen 2012 und 2014 veröffentlichten Restricted Customs boten limitierte Grafiken – darunter Cocktails, Muppets und sogar ein leicht bekleidetes Pin-up – welche ausschließlich in Core Shops erhältlich waren. Auch waren diese Boards waren nie in regulären Burton Katalogen zu finden. Eines davon zu ergattern und der eigenen Sammlung hinzuzufügen war schon ein kleines Kunststück, das auch etwas Glück erforderte. Kurzzeitig erschien ein Custom Twin (ein echtes Twin und kein Directional) das später den Weg für das Blossom ebnete. Für die Groms Rider gab es das Custom Smalls. Sogar ein Custom Splitboard existierte, wobei hier der Entstehungsprozess leider etwas verblasst ist.
In der Rider Community stand das Custom weiterhin im Mittelpunkt. Zum 20 jährigen Jubiläum 2016 erschien das Custom mit Throwback Topsheets, die an die Geschichte
erinnerten und die Jahre des Erfolgs würdigten. Alter spielte dabei keine Rolle, das Custom war genauso relevant (und cool) wie eh und je.
All Grown Up: Das Custom in den 2020er
Wenn uns die 2020er Jahre eines gezeigt haben, dann dass Beständigkeit nicht Stillstand bedeutet. Auch wenn die grundlegende Form des Custom unverändert blieben, hat Burton die Materialien und das Produktionsverfahren kontinuierlich und zukunftsorientiert weiter verfeinert. Seit 2018 trägt das Board kantige Tips, doch unter diesem subtilen Update bleibt die DNA unverändert: gleicher Sidecut, gleiche Längen, gleicher Ride.
In dieser Zeit spielte Nachhaltigkeit auch für Burton als Unternehmen eine immer wichtigere Rolle. Bei den Snowboards zeigte sich das in FSC zertifizierten Holzkernen, Super Sap Harz und weiteren bewusst gewählten Materialien. Selbstverständlich flossen diese Veränderungen auch ins Custom ein und brachten es in Einklang mit Burtons übergeordneter Mission, die Auswirkungen des Unternehmens zu minimieren, ohne Abstriche bei Performance und Qualität zu machen.
Das Custom hat auf dem Berg bewiesen, dass es so konkurrenzfähig ist wie eh und je. Bei den X Games 2023 landete Ayumu Hirano auf einem Custom den weltweit ersten Triple Cork in einem Contest und schrieb damit Halfpipe Geschichte. 2021 gewann Mikkel Bang auf einem Custom die Natural Selection in Alaska. Der Beweis dafür, dass dieser dreißig Jahre alte Shape selbst bei den progressivsten Freeride Events der Welt noch immer abliefert.
2025 feiert das Custom sein dreißigjähriges Jubiläum und blickt dabei auf seine Vergangenheit zurück. Ben Fergusons Custom Custom Projekt unterstreicht die anhaltende Vielseitigkeit des Boards und würdigt zugleich die ursprünglichen Designwurzeln mit einem Pegasus, genau wie beim allerersten Custom von ‘95. Wie diese Ikone in Zukunft neu interpretiert wird, bleibt spannend.
Auch nach drei Jahrzehnten entwickelt sich das Custom weiter und bleibt dabei genau das, was es immer sein sollte: das vielseitigste Snowboard aller Zeiten.
Der Kreis schließt sich: Das Custom in 2025



Ein Blick zurück auf die vergangenen drei Jahrzehnte zeigt, dass sich vieles verändert hat – Materialien, Konstruktionen und Grafiken – doch das Custom hat seine ursprüngliche Form und seine Allround Fähigkeit nie verloren. Im Grunde ist das Custom von heute dasselbe Board, das schon im Winter '95/'96 auf dem Berg war. Beeindruckend ist, dass das ursprüngliche Team das Original so präzise entwickelt hat, dass die grundlegenden Eigenschaften nie verändert werden mussten. Dave Downing brachte es so auf den Punkt: "Die Mathematik dieses Boards ist exakt dieselbe wie damals ... die Form hat sich in 30 Jahren nicht verändert."
Weiterentwickelt haben sich im Laufe der Jahre die Innovationen, die '96 mit dem Custom ihren Anfang nahmen – leichtere Kerne, neue Glasfaserverstärkungen,
Sidewalls und Beläge – und das Niveau so immer wieder neu bestimmt. Das ist das Vermächtnis des Custom. Ein Board, das die Burton Line wie kaum ein anderes geprägt und den Snowboardsport nachhaltig revolutioniert hat