Sicher am Berg: Warum du unbedingt einen Lawinenkurs besuchen solltest
Eine Lawine ist eines der mächtigsten Phänomene, mit denen dich der Berg konfrontieren kann.
Selbst wenn du davon ausgehst, dass du sicher sein wirst oder denkst, „das kann mir nicht passieren“, kann sich ein Hammertag abseits der Pisten ohne das richtige Lawinensicherheitstraining und die notwendige Lawinenausrüstung schnell in eine Situation verwandeln, in der es um Leben und Tod geht. Dabei ist besonders erschreckend, dass der Berg immer die Oberhand behält und du jegliche Kontrolle über die Situation verlierst. Jetzt fühlst du dich unbehaglich? Das solltest du auch.
Ein Lawinensicherheitstraining (LST) bietet auf jeden Fall eine der besten Arten, ein gewisses Maß an Kontrolle zurückzubekommen. Indem du dich vorbereitest und lernst, wie du die Schneebedingungen im Lauf der Zeit im Auge behalten und wie du ein Lawinenprofil erstellen kannst, wirst du identifizieren können, in welchen Bereichen du relativ sicher riden kannst, in welchen du etwas vorsichtiger sein und vorausplanen solltest und welche Hänge tabu sind. Durch praktisches Training und Übung im Umgang mit deiner Lawinenausrüstung kannst du dir sicher sein, dass du in einer Situation, in der dir nur 10 Minuten bleiben, um das Leben deines Freundes zu retten, nicht eine halbe Ewigkeit damit verbringst, deine Schaufel zusammenzustecken.
Wenn du noch nie mit dem Gedanken gespielt hast, ein LST zu machen, lies dir diesen Artikel durch, in dem wir die Themen aufgelistet haben, die behandelt werden, sowie die dafür erforderliche Ausrüstung.
Der erste Schritt zu mehr Sicherheit ist die Entscheidung für das richtige Lawinensicherheitstraining. Suche dir einen Kurs mit einem Trainer aus, der sowohl Erfahrung im Training und Freeriden als auch die notwendige Zertifizierung hat. Kate Ediger, Burton-Botschafterin und Freeride-Guide in Revelstoke, ist ein perfektes Beispiel hierfür. Sie gibt zu, dass sie des Öfteren als „Sicherheitsfreak“ bezeichnet wurde. Da ihre Trainings unzertrennbar mit unzähligen erfolgreichen Missionen im Backcountry verknüpft sind, ist sie genau die Art von Trainerin, der du vertrauen kannst.
Das erwartet dich bei einem Lawinensicherheitskurs
Jeder Kurs ist in zwei Teile gegliedert: ein theoretischer Teil im Unterrichtsraum und ein praktischer Teil im Schnee.
Der theoretische Teil dauert rund 6 Stunden und sollte folgende Themen abdecken:
- Lawinen: Wie sie ausgelöst werden und wo sie am wahrscheinlichsten vorkommen
- Lawinenvorhersage: Wo und wie man die Lawinenverhältnisse verfolgen kann
- Die tägliche Entwicklung beim Einfahren in Lawinengebiete
- Lawinenrettung: Verfahren, Praktik und Erfahrung
- Lawinenausrüstung: Sonde, Lawinensuchgerät (LVS-Gerät), Schaufel
- Schneekunde: schwache Schichten und wie Schneebretter entstehen
- Lawinenlagebericht und Schneedeckenaufbau im Lauf der Zeit
- Sichere Angewohnheiten im Backcountry: Risikominimierung
Welche Ausrüstung brauchst du für ein LST?
Falls du noch keine Lawinenausrüstung hast, solltest du dir auf jeden Fall eine kaufen: zwingend erforderlich sind eine Sonde, ein LVS-Gerät („Lawinenpieps“) und eine Schaufel. Außerdem brauchst du einen Rucksack, in dem du deine Ausrüstung beim Riden verstauen kannst. Diese drei Ausrüstungsgegenstände ergänzen sich gegenseitig und sind für eine erfolgreiche Rettung erforderlich. Du brauchst jedoch nicht nur die richtige Ausrüstung, sondern musst auch wissen, wie du diese verwendest. Wenn du die beste, teuerste auf dem Markt erhältliche Ausrüstung hast, aber nicht weißt, wie du sie verwenden musst, ist sie obsolet.
Praxis im Schnee
Beim Praxistag im Schnee setzt du alles, was du im Theorieunterricht gelernt hast, mit praktischen Übungen in die Tat um. Diese Übungen helfen dir dabei, auch im Ernstfall handel zu können und geben dir bereits einen ersten Eindruck wie es im Notfall ablaufen könnte.
Bergungsübungen im Schnee
Gruppenbergung:
In dieser Übung wird eine Situation simuliert, in der du und deine Freunde gerade eben gesehen habt, wie jemand aus eurer Gruppe von einer Lawine verschüttet wurde und geborgen werden muss. Dabei wirst du nicht nur den Umgang mit deiner Ausrüstung üben, sondern auch mit der Gruppendynamik vertraut, die erforderlich ist, um als Team erfolgreich jemanden zu bergen. Wer übernimmt welche Rolle, wer übernimmt die Führung, welche Schritte sind erforderlich und in welcher Reihenfolge?
Zeit ist hier von ausschlaggebender Bedeutung, da die meisten verschütteten Menschen nicht länger als zehn Minuten unter einem Schneebrett überleben. Ist jeder in der Gruppe dazu fähig, die ihm zugewiesenen Aufgaben zu erledigen, und schafft ihr es gemeinsam, eine komplett unter dem Schnee begrabene Attrappe mit einem LVS-Gerät zu „bergen“?
Du wirst zum ersten Mal erleben, wie schwierig es wirklich ist, ohne sichtbare Hinweise etwas zu orten, das komplett im Schnee vergraben ist und mit dem sorgfältigen Ablauf vertraut werden, der erforderlich ist, um sicherzustellen, dass du an der richtigen Stelle anfängst zu graben.
Einzelbergung mit Stoppuhr:
Bei dieser Übung wird ein Szenario nachgestellt, in dem du nicht über die zusätzlichen helfenden Hände und Köpfe eines großen Teams verfügst. Du und deine Lawinenausrüstung stellt euch ganz allein dem Wettlauf gegen die Zeit.
Unsere Trainerin Kate sorgte dafür, dass jeder Teilnehmer ca. 90 m von der Attrappe entfernt in einer optimal aufgeteilten Anordnung den „Lawinenkegel“ zu durchsuchen begann. Diese Übung ist eine der wichtigsten des ganzen Trainings, da du hier deine gesamte Ausrüstung schnell und effizient einsetzen musst. Diese Aufgabe muss in unter fünf Minuten bewältigt werden.
Schnee Sicherheits-Test
Rutschblock-Test / Schaufeltest:
Hier erhältst du die Gelegenheit, die Lawinengefahr vor deinen eigenen Augen zu identifizieren. Wenn du vor deinem Training noch dachtest, dass sich Schnee immer auf die gleiche Weise bildet, wirst du bei diesem Test eines Besseren belehrt.
Zuerst siehst du deinem Trainer dabei zu, wir er eine Schneegrube gräbt. In dem sich dabei ergebenden Lawinenprofil ist der Verlauf aller Schneefälle der Saison ersichtlich. An welchen Tagen gab es Pulverschnee, und wann bildeten Wind, Sonne sowie die Temperaturverhältnisse schwache Schichten? Wie haben sich bekannte schwache Schichten und Schichtgrenzen im Lauf der Zeit und unter Druck verändert? Wenn du lernst, deinen Schnee zu analysieren, weißt du, wie wahrscheinlich ein Lawinenabgang in einem bestimmten Bereich ist und kannst fundierte Entscheidungen treffen.
Nach dem Theorieunterricht und einem Tag im Schnee hast du ein grundlegendes Wissen, das dafür sorgt, dass du bei deinen Ausflügen ins freie Gelände sicher unterwegs bist und dir die Tür zu einer Fülle an Sicherheitsinformationen für das Freeriden öffnet.
Ressourcen für Lawinenverhältnisse und allgemeine Informationen:
Aktueller Lawinenberichte Europa: https://www.lawine.at/
Lawinenkurse Österreich: https://www.saac.at/ | https://www.alpenverein.at/
Lawinenkurse Deutschland: https://www.alpenverein.de/
Lawinenkurse Schweiz: https://www.sac-cas.ch/
Was jetzt?
Der Lawinenkurs hat dir schon einmal ein erstes Grundwissen vermittelt, dennoch lernt man nie aus und gerade bei Naturgewalten, gilt es sich stets zu informieren. Mit Hilfe von Fachbüchern lernst du die verschiedensten Warnsignale noch besser zu verstehen und kannst die Zeit am Berg dafür nutzen, erste Vorboten zu erkennen. Am besten besuchst du auch noch einen aufbauenden Lawinenkurs, bei dem noch mehr Details über Gefahrenanalyse, Risikomanagement und die tiefergreifendere Geländeanalyse erhältst.
Hast du einen weiterführenden Lawinenkurs gemacht? Welche Tipps kannst du Einsteigern und Neulingen geben? Erzähle uns mehr darüber in den Kommentaren.